08.06.2011  14:00 Uhr Flughafen Atlanta

 

Ich befinde mich gerade in Atlanta, also auf halben Weg zurück. Ich habe bereits einen fünf Stunden Flug hinter mir und habe noch einmal etwa neun vor mir. Ich bin also immer noch in Amerika, ein bisschen näher an Seattle als an Deutschland. Und das beschreibt ganz gut wo ich mich auch emotional befinde: Auf dem Weg zurück, immer noch in Amerika, näher an den letzten drei Wochen als an meinem normalen Leben. Ich fliege zurück, doch wie so oft lasse ich mein Herz hier, jedenfalls einen großen Teil davon.

Meine amerikanische Freundin hat mich gefragt, warum ich unbedingt nach Amerika möchte. Warum ich mein fantastisches Leben, meine großartigen Freunde, meine Familie und alles, was ich habe, aufgeben will, um in ein fremdes Land zu ziehen. Aber sie war so falsch in ihrer Frage. Ich gebe meine wirklich fantastischen Freunde nicht auf, denn das Besondere an diesen Freunden ist, dass ganz egal auf welchem Fleck der Erde ich mich befinde, sie immer meine Freunde sein werden. Und wären Freunde, auf die das nicht zutrifft es wert für sie zu bleiben? Ich habe eine Familie in Amerika, und nichts dort ist mir noch fremd. So fühlte ich mich bereits nach meinem ersten Besuch dort. Die Menschen in Washington urteilen nicht über Andere. Sie haben verstanden, dass wenn man über Menschen urteilt, einem keine Zeit mehr bleibt, sie zu lieben. Sie akzeptieren, tolerieren und integrieren selbst einen Alien wie mich. Und dann passiert auch noch das. Dann passiert es. Dann passiert dir die Liebe.

Ich bin in meinem Leben schon einmal sehr verliebt gewesen. Und ich habe Angst gehabt, dass man in seinem Leben nur einmal die Chance bekommt richtig verliebt zu sein. Und dass wenn man das in den Sand setzt, sein Leben lang nie wieder dieses Gefühl erlebt. Dass man zwar mit Menschen zusammen ist, dass man sicher auch Liebe empfindet, aber dass man nie wieder so sehr lieben kann, dass einem vor Glück schwindelig wird.

Zum Glück lag ich falsch. Man bekommt eine zweite Chance, man trifft einen Menschen, der mit einem Mal Alles und Nichts ändert. Ich habe nicht gedacht, dass ich fähig war so viel Glück zu empfinden ohne daran zu ersticken. Dass ich fähig bin keine Angst mehr vor meiner Zukunft zu haben, solange ich mich mit diesem Menschen zusammen sehe. Ich glaubte ich war nicht mehr in der Lage grundlos zu lieben.

Die Tatsache, dass ich falsch lag, lässt den Abschied leichter werden. Wenn man keine Zweifel hat sich wieder zu sehen, ist ein Abschied nur halb so schlimm. Er ist kein Goodbye, sondern ein „See you soon.“

Wenn man sich außerdem auf etwas freuen kann, das einem „zuhause“ erwartet, fällt es schwer lange wirklich traurig zu sein. So sehr mein Herz auch blutet, dass ich all die lieben Menschen schon wieder verlassen muss und so schwer es auch ist getrennt von demjenigen zu sein, der dir die glücklichsten Momente deines bisherigen Lebens geschenkt hat, so sehr kann ich es kaum erwarten meine Freunde in den Arm zu schließen. Meine Erlebnisse zu teilen. Mein Glück zu multiplizieren.

  Ich weiß, dass wenn ich mein Ziel erreicht habe und endlich dort Zuhause bin, wo ich mich Zuhause fühle, ich mich jeden Tag zurück sehnen werde, freudig schon Monate im Voraus einen Flug buchen und mich mit Magenschmerzen verabschieden werde. Ich werde nie alle meine lieben Menschen an einen Ort zusammen bekommen. Aber ich kann den Ort für mich wählen, der es mir einfach macht, ein Mensch zu sein, der Freundschaften auch über tausende Kilometer aufrecht erhält. Und ein Mensch zu sein, der es wert ist, ihn als Freund zu haben.

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